Talentmanagement in Klein- und Mittelständischen Unternehmen
7. Februar 2022
Talentmanagement ist die HR-Disziplin, die sich um die Führungskräfte und Experten der Zukunft kümmert. Durch den demografischen Wandel stehen Unternehmensleitungen immer häufiger vor der Herausforderung, hochqualifizierte und hoch motivierte Mitarbeiter zu finden, zu fördern und zu halten. Der „War for Talents“ ist allgegenwärtig. KMU sind gut beraten, hierbei systematisch vorzugehen und sich professionell um die Keyplayer von morgen zu kümmern. Talentmanagement ist das herausragende HR-Instrument, das vor allem den Unternehmensentscheidern vorbehalten ist und nicht an Dritte delegiert werden kann.
Wann spricht man von einem Talent?
Die Definition eines Talents ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Wichtig ist, dass es ein gemeinsames Verständnis darüber im Leitungskreis gibt, was ein Talent zum Talent macht.
1. Oftmals wird die Leistung des Mitarbeiters über einen längeren Zeitraum betrachtet. Stimmen die Ergebnisse? Treffen sie oder liegen sie über den Erwartungen oder der Norm? Sind die Ergebnisbeiträge konstant? Die Ergebnis- oder Leistungsperspektive bildet die Basis. Ohne gute Ergebnisse in der aktuellen Rolle machen weitere Überlegungen keinen Sinn.
2. Wie verhält sich der Mitarbeiter in seiner aktuellen Rolle? Wie ist das Leistungsverhalten? Die Art und Weise, wie ein Mitarbeiter seine Aufgaben erledigt, er mit anderen zusammenarbeitet, kommuniziert, sich in Problemen verhält, Verantwortung übernimmt und sich in seinen Aufgaben engagiert, sagt viel über den Mitarbeiter aus. Viele der etablierten Beurteilungssysteme greifen diese Aspekte auf. Im besten Fall zeigt der Mitarbeiter ein modellhaftes bzw. beispielgebendes Verhalten in der Aufgabenerfüllung.
3. Der Blick auf den Einzelnen verlangt von den Entscheidern auch eine Einschätzung darüber, ob der Mitarbeiter einer erweiterten Verantwortung in einer zukünftig höherwertigeren Rolle gerecht werden kann. Dieser Teil der Betrachtung ist erfolgskritisch. Wenn Leistungsträger nach einer Beförderung scheitern, weil sie überfordert sind, dann gewinnt niemand. Es stellt sich also die Frage, woran erkennen wir vorhandenes Potenzial, welches uns ein gutes Gefühl gibt, die richtige Auswahl getroffen zu haben.
Vereinfacht kann man die Formel wie folgt aufstellen:
Talent = Leistung + Verhalten + Potenzial
Während die ersten beiden Punkte oftmals geübte Praxis sind, stellt doch die Potenzialerkennung den ein oder anderen Entscheider vor Herausforderungen.
Wie kann Potenzial eingeschätzt werden?
Die HR-Experten sprechen hierbei häufig von sogenannten Potenzialindikatoren. Diese Indikatoren sind nicht in Stein gemeißelt und variieren von Unternehmen zu Unternehmen. Wichtig ist, dass es ein gemeinsames Verständnis darüber im Leitungskreis gibt. In der Praxis findet man häufig diese:
1. Überdurchschnittliches Engagement, Leistungswille und Freude an der Aufgabe
2. Intellektuelle Fähigkeiten, ganzheitliches Denken und Blick über den Tellerrand
3. Deutliches Interesse an der eigenen Weiterentwicklung, Klarheit in den eigenen Zielen
4. Sieht in Veränderungen eine Chance und ist offen für Neues
5. Demonstriert Eigenverantwortung
6. Zeigt deutlich Karriereambitionen
Es gilt, sich im Entscheiderkreis zu verständigen, welche Indikatoren betrachtet und diskutiert werden. Es bietet sich an, die Kriterien genauer auszuformulieren und beispielsweise durch beobachtbares Verhalten zu unterlegen.
Wie funktioniert nun das Talentmanagement?
Auch wenn die Aufgabe des Talentmanagements letztendlich die des Topmanagements ist, ist es doch eine gemeinsame Aufgabe aller Führungskräfte im Unternehmen – als „bottom-up“-Verfahren.
Es beginnt mit der Beurteilung durch die unmittelbare Führungskraft. Diese gibt Aufschluss darüber, wie der Ergebnisbeitrag und das Leistungsverhalten des Einzelnen zu bewerten sind.
Aus den regelmäßigen Gesprächen mit ihren Mitarbeitern wissen die unmittelbaren Führungskräfte auch, welche Vorstellungen der Mitarbeiter zu seiner Weiterentwicklung oder Karriere verfolgt.
Das wesentliche Instrument, um mit diesen Informationen nun in den Talentprozess einzusteigen, sind spezifische Management-Meetings, sogenannte „Talent-Review-Meetings“. In solchen Meetings mit der nächsthöheren Führungskraft werden die Mitarbeiter einzeln besprochen und es wird festgelegt, wer als Talent eingestuft wird und welche Maßnahmen sich daraus ableiten.
Sind die Talentreviews in allen Unternehmensbereichen durchgeführt, findet ein Talent-Review-Meeting mit den Bereichsverantwortlichen und der Unternehmensleitung statt. Hier werden die identifizierten Talente betrachtet und sich darüber verständigt, wie mit jedem Talent weiter verfahren werden soll.
Diese Talent-Review-Meetings sollten von der HR-Funktion vorbereitet, geleitet und moderiert werden. Ebenso fallen die weiteren Schritte in die Verantwortung der HR-Funktion. Die Umsetzung der Maßnahmen ist allerdings immer eine Gemeinschafsaufgabe von HR und den Führungskräften.
Abschließend kann nun mit den bestätigten Talenten ein Feedback-Gespräch und die Abstimmung über die nächsten Schritte zur Weiterentwicklung erfolgen. Wie immer, wenn es um Nachhaltigkeit geht, wird ein entsprechendes Monitoring begleitend zu den Umsetzungsmaßnahmen etabliert.
Fazit
Die Kraft steckt im Prozess. Die Abfolge ist erfolgskritisch. Führungskräfte aller Ebenen lernen, die Potenziale in ihren Mitarbeitern zu erkennen und in Review-Meetings zu diskutieren. Führungskräfte sind Durchführende und Betroffene gleichermaßen. Über die vorhandenen Führungskräfte wird ebenfalls im Review-Prozess auf Leitungsebene diskutiert werden. Das wird die Führungskultur nachhaltig beeinflussen.
Für die identifizierten Talente bedeutet das, dass sie von der Leitung wahrgenommen und bestätigt werden. Wenn dann noch die richtigen Entwicklungs- und Bindungsmaßnahmen ergriffen werden, kann man von einer echten Win-Win-Situation sprechen. Das Unternehmen bindet ihre zukünftigen Führungskräfte und Experten und diese erleben eine echte Unterstützung in ihrem Fortkommen.
Bei der Implementierung eines solchen Vorgehens empfehle ich Geduld. Es braucht mindestens zwei Durchläufe bzw. Jahre, damit der sichere Umgang mit diesem Instrument gelingt
Wie immer wünsche ich Ihnen viel Erfolg dabei.
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